Kassen-Freuden!
Wiedermal gute Nachrichten: In Zukunft dürft Ihr Euch beim Bezahlen in unserem Atelier-Laden über das nicht zu überhörende Klingeln unserer „neuen alten“ Kasse (siehe Foto links) freuen! Juhu! Und wir haben wirklich kindliche Freude an unserem Fundstück aus den Jahren um 1945!
Und diese Freude führte uns kürzlich zu jemandem, der mindestens genauso wie wir Freude hat an Kassen, und zwar an solchen älteren Semesters. Auch wenn man es dem fast 91-jährigen (!) Herrn Schmutz so überhaupt nicht ansieht, könnte er, als ehemaliger Mitarbeiter der weltberühmten Firma National für Registrierkassen die Geburtsstunde auch unserer Kasse live miterlebt haben. Seitdem er (bereits seit 27 Jahren) in Rente ist, ist vor ihm nun auch in seiner Freizeit keine Kasse sicher. Sogar ein kleines Kassen-Museum betrieb er einmal im eigenen Haus! Und seine ebenso rüstige Ehefrau, verliebt wie am ersten Tag, wusste, wovon sie spricht: STUNDEN verbringt er noch heute in seiner Kassen-Werkstatt, und STUNDEN widmete er auch unserer Kasse – welch Ehre! Und: Möglicherweise ein Erfolgsrezept für ein langes, gesundes Leben ;-)
Aber fangen wir von vorne an. Unsere neue alte Registrierkasse funktioniert zwar nahezu einwandfrei; was ihr allerdings fehlte, war ein
funktionierendes Farbband, um den Rechnungsbetrag auf eine Quittung zu drucken. Das musste unbedingt her! Aber woher nun ein Farbband mit der Bezeichnung N1600 finden? Da hilft
nicht mal mehr amazon oder ricardo weiter… ;-) Was uns weiterhalf: Google, das uns über einen Zeitungsartikel zum Blumen-Atelier Bergmann in Zürich führte (www.bergmann-florist.ch), wo noch eine
ähnlich alte Kasse in Betrieb sei. Perfekt! Die Kontaktdaten von Herrn Bergmanns Mitarbeiterin führte uns schließlich zu Herrn Schmutz – dem letzten lebenden Kassen-Mechaniker
für derartige Exemplare!! Erfahrungen dieser Art haben Seltenheitswert, und wir sind froh, dass wir sie auch mit unserer Tochter Aurelia teilen konnten.
Ja, wir waren im Paradies eines passionierten Kassenliebhabers gelandet, wo schon vielen, dem Tod geweihten Kassen neues Leben eingehaucht wurde. Unzählig sind die Schrauben, Federn, Ersatzschlüssel – kurz: ein ganzes (wohlgeordnetes) Sammelsurium dient Herrn Schmutz dazu, das im Laufe der Zeit Verlorengegangene zu finden, um es zu ersetzen. So begutachtete unser Kassen-Experte mit fast kindlich strahlenden Augen gleich das Innenleben unserer Kasse, kontrollierte und hebelte mit sicherem Griff die nötigen Funktionen. Was uns dabei entgegenkullerte: eine Münze aus den Vereinigten Staaten!
Ja, was uns Kassen diesen Alters so alles zu erzählen hätten: von Begegnungen und Alltagsgesprächen beim Krämer nebenan, von Meinungen und Ereignissen aus dem echten Leben von Tante Emmas-Ladenzeiten. Wie spannend das wäre!
Jetzt steht sie bei uns im Atelier: unsere neue alte, wieder „gesunde“ Kasse. Sie wird unseren Atelier-Gesprächen und Begegnungen aufmerksam lauschen – und, ganz wichtig: ihren charakteristischen Klingelton beim Drehen der Kurbel und gleichzeitigem Öffnen der Kassenschublade von sich geben (DANKE, lieber Herr Schmutz für dieses liebe Geschenk inklusive einer heute nicht mehr käuflichen Schraube!).
Apropos lautem Klingelton aus Tante Emmas Zeiten! Was hat es denn mit ihm auf sich? Bereits die ersten Exemplare aus den USA von 1879 wiesen diesen typischen Klingelton beim Öffnen der Kasse auf. Und dieses Klingeln hatte von Anfang an seinen Sinn: Das Signalisieren einer Zahlung – dem Chef im Büro nebenan konnte also nichts mehr entgehen. Der Inhalt der Kasse musste am Ende eines Tages auch freilich schon damals mit dem automatisch registrierten Betrag übereinstimmen. Denn bereits 1871 klagte in Ohio der Gastwirt Ritty, der eigentliche Erfinder der Registrierkassen, trotz florierendem Geschäft, über nur mäßige Einnahmen. Seine Mitarbeiter hatten offenbar ihre Hände im Spiel… ;-) Die Erfindung der Kasse bedeutete also ein Segen – zumindest für Laden-Besitzer!
Ein Segen auch für den Chef eines Hamburger Unternehmens in den Jahren um 1930 herum. Denn dort verdiente sich die Schulfreundin von Benedictas Großmutter ein paar Groschen hinzu, um die eher ärmlichen familiären Zustände etwas aufzubessern. In der Absicht, sich darüber hinaus noch ein paar weitere Groschen zu verdienen, kam sie mit ihrem Besenstiel angeblich „aus Versehen“ an die Kurbel der Kasse. Ein lautes Klingeln. Die Kasse ging auf. Aber der Chef nebenan, alarmiert, war schneller ;-)…
Unsere Liebe für den Kassen-Klingelton ist ungebrochen! Freut Euch schon jetzt auf diesen Klang aus den Kindertagen unserer (Groß-)Eltern.
Wir sind immer donnerstags 16-18h für Euch im Atelier (oder nach Vereinbarung). Die Kasse wartet auf Euch ;-)
In diesem Sinne: Fröhlich klangvoll klingende Grüße aus der Dammstraße in Burgdorf!
Burgdorf im Januar 2017
Impressionen unseres Besuches im Januar 2017 (anklicken zum Vergrößern):
UPDATE:
März 2022: Unsere geliebte Kasse streikte plötzlich.
Und wer kam uns da mehr als spontan in den Sinn? Unser lieber Herr Ernst Schmutz aus Würenlos natürlich! Gedacht, getan - schon suchten wir seine Nummer heraus und wenige Momente später schon waren wir verbunden mit dem enzigen Registrierkassen-Experten der Schweiz! Und das im gesegneten Alter von fast 97 Jahren! Was ein Geschenk, was ein Segen - auch für uns!
Schon standen wir Fünf in seiner Würenloser Werkstatt! Und schon suchte Herr Schmutz nach dem Problem. Mit Erfolg. Denn wenige Tage später hatten wir sie zurück - unsere geliebte Kasse.
DANKE, lieber Herr Schmutz!
Ein weiteres Mal wurden wir bereichert um unbezahlbare Momente - Momente, die unseren drei Kindern mit Sicherheit ein Leben lang in Erinnerung bleiben werden - und das ganz gewiss n i c h t nur wegen der vielen feinen Toblerone, mit denen Herr Schmutz unsere Kinder zusätzlich beschenkte.
Auf ein Wiedersehen!
Fotos: März 2022
Impressionen unseres Besuches im März 2022: